Die Rolle von Wasserstoff in der zukünftigen Energieversorgung der Schweiz

Ein Beitrag von Melanie Ridoli, Fachspezialistin Energieversorgung und Monitoring BFE

Damit die Schweiz bis 2050 netto-null Treibhausgasemissionen ausstösst, müssen die fossilen Energieträger durch CO2-neutrale Energieträger ersetzt werden. Auch grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Zur künftigen Bedeutung von Wasserstoff in der Schweizer Energieversorgung hat das Bundesamt für Energie (BFE) Ende September ein Thesenpapier veröffentlicht.

Demnach spielt Wasserstoff eine entscheidende Rolle für die Erreichung des Netto Null-Ziels 2050. Der in Zukunft verwendete Wasserstoff soll grün sein und dort eingesetzt werden, wo der Ersatz von fossilen Energieträgern sonst schwierig ist, unter Berücksichtigung von wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien. Um die Klimaziele zu erreichen, ist es wichtig, die Sektoren Wärme, Strom und Mobilität stärker miteinander zu verknüpfen. Grüner Wasserstoff kann als flexibler Energieträger erneuerbare Energien in allen Sektoren nutzbar machen und so die Sektorenkopplung als zentrales Element einer dekarbonisierten Energiewirtschaft ermöglichen.

Wasserstoff kann ebenso dazu beitragen, saisonale Schwankungen auszugleichen und Knappheitssituationen in der Stromversorgung im Winterhalbjahr entgegenwirken. Allerdings ist eine Rückverstromung aufgrund der hohen Wirkungsverluste und der derzeit noch knappen Verfügbarkeit vom erneuerbaren Strom ineffizient sowie teuer und mittelfristig deshalb noch keine Option. Prioritär ist, den durch die Dekarbonisierung wachsenden zeitnahen Bedarf an grünem Wasserstoff decken zu können und den Markthochlauf zu unterstützen. Auch muss die saisonale Speicherung von Wasserstoff frühzeitig angegangen werden.

Wasserstoff hat ein grosses Potenzial zur vielfältigen Verwendung. Jedoch ist nicht jede Verwendung auch ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Er wird mit grosser Wahrscheinlichkeit im Langstrecken-, Schwer-, Flug-, und Schiffsverkehr sowie in der Industrie zur Anwendung kommen; dies entweder als reiner Wasserstoff oder in Form eines dem Wasserstoff nachgelagerten Energieträgers, wie synthetischem Kerosin. Zur Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser soll Wasserstoff lediglich in Ausnahmesituationen in Betracht gezogen werden, wenn andere erneuerbare Lösungen aufgrund äusserer Umstände nur schwer oder über den Lebenszyklus betrachtet nur zu erheblichen Mehrkosten realisiert werden können.

Die inländische Produktion von grünem Wasserstoff wird angesichts des beschränkten Ausbaupotenzials an erneuerbarem Strom und der steigenden Stromnachfrage aufgrund der verstärkten Elektrifizierung des Schweizer Energiesystems nur in geringem Ausmass möglich sein. Für den Import von grünem Wasserstoff braucht die Schweiz einen direkten Zugang zum EU-Binnenmarkt, sowie allenfalls Abkommen mit Drittstaaten. Der importierte grüne Wasserstoff muss mit Herkunftsnachweisen hinterlegt sein, damit nachgewiesen werden kann, wie dieser hergestellt worden ist. Nur so ist die Anrechnung des ökologischen Mehrwerts von importiertem grünem Wasserstoff möglich. Dazu erarbeitet das BFE ein Register mit Herkunftsnachweisen für flüssige und gasförmige erneuerbare Brenn- und Treibstoffe. Dieses Register soll künftig unter anderem den Import von grünem Wasserstoff erleichtern und wird 2025 in Betrieb gehen.

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