Auf leisen Sohlen auf Erfolgskurs

Ein Beitrag von Nicolas Crettenand, Geschäftsführer Hydrospyder

Im Sommer 2022 wurde Hydrospider von einem niederländischen Dokumentarfilmer kontaktiert. Zusammen mit vier Studentinnen und Studenten aus verschiedenen Disziplinen wollte er dem Phänomen Wasserstoff auf den Grund gehen. Die Reise startete im Norden Deutschlands und führte über mehrere Etappen nach Portugal – dabei machte die Gruppe auch einen Zwischenstopp in Niedergösgen und besuchte die Wasserstoffproduktionsanlage von Hydrospider.

Warum? Nicht, weil die Anlage mit den 2 MW im europäischen Vergleich einzigartig gross wäre. Oder bahnbrechend in der Technologie. Sondern weil Hydrospider in Niedergösgen seit über zwei Jahren mit Strom aus Wasserkraft grünen Wasserstoff produziert und somit fixer Bestandteil einer europaweit bahnbrechenden Initiative ist, des Schweizer Ökosystems für «H2 Mobilität».

Diese rein privatwirtschaftliche Initiative für emissionssarme Mobilität von Hyundai Hydrogen Mobility, dem Förderverein H2 Mobilität Schweiz und Hydrospider besteht nicht nur auf Papier und schönen Powerpoint-Präsentationen. Sondern sie funktioniert in der Realität und leistet einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung des Schwerverkehrs. Und wie das Beispiel mit dem Besuch aus den Niederlanden zeigt, erhält sie auch im Ausland sehr viel Aufmerksamkeit. Hier wird Schweizer Innovation und Pionierarbeit geleistet, die wirtschaftlich auch exportfähig ist. Denn Wasserstoff, der wie in Niedergösgen CO2-neutral hergestellt wird, hat eine unverzichtbare Rolle in der Energiewende, um den Klimaschutz weltweit effektiv voranzutreiben.

Heute sind in der Schweiz bereits 12 Wasserstoff-Tankstellen in Betrieb und stellen 47 Hyundai-Brennstoffzellen-LKW für führende Schweizer Detailhändler, Transport- und Logistikunternehmen ihre Alltagstauglichkeit unter Beweis. Sie tun dies kraftvoll, klimaschonend und leise. Bereits haben sie zusammen mehr als fünf Millionen Kilometer auf Schweizer Strassen zurückgelegt und dabei dank grünem Wasserstoff mehr als 4000 Tonnen CO2 eingespart. Ein Erfolg – aber erst ein Etappenziel. Und deshalb noch lange kein Grund, sich auszuruhen.

Die Partner im Ökosystem «H2 Mobilität» arbeiten mit ungebrochenem Enthusiasmus und Engagement an der Skalierung des Projekts. Nahe St. Gallen hat die Wasserstoffproduktion Ostschweiz AG vor Kurzem eine 2-MW-Produktionsanlage («Kubel») in Betrieb genommen, in Schiffenen ist der Baustart einer Anlage von Gruppe E erfolgt und für weitere Anlagen in der Schweiz haben die Projektträger Anlagenkomponenten bestellt. Die nächste Generation von Hyundai-Wasserstoff-Trucks steht bereit. Und das Tankstellennetz dehnt sich weiter aus.

Soweit so gut. Trotz des ungebrochenen Enthusiasmus’ und Engagements der Initianten des Ökosystems «H2 Mobilität», trotz der Begeisterung der Chauffeure für die modernen Brennstoffzellen-Elektroantriebe ihrer Trucks: Der Ausbau schreitet nicht so schnell voran wie gewünscht oder erhofft und mit Blick auf die gesteckten Klimaziele des Bundes auch nötig. Insbesondere Projekte für neue Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff sehen sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert: Bewilligungsverfahren ziehen sich in die Länge oder werden durch Einsprachen blockiert, was auch einige Projekte bereits gestoppt hat. Jeder Kanton hat eigene Bestimmungen, was auf regulatorischer Ebene zu einem Flickenteppich führt. Zudem sind viele Behörden sehr stark ausgelastet. Die stark gestiegene Nachfrage nach Produktionsanlagen sowie die Folgen der teilweise unterbrochenen Lieferketten (Corona) wiederum führen zu längeren Lieferzeiten für Anlagenkomponenten. Dazu kommen generell ein schwieriges Investitionsklima (die massiv gestiegenen Strompreise verteuern die Produktion von grünem Wasserstoff überdurchschnittlich) und fehlende Rechtssicherheit.

Die drängendsten politischen Fragen lauten: Bleibt die Befreiung von der LSVA für Brennstoffzellen-Elektro-LKW bestehen und wenn ja, in welchem Umfang? Werden Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff von den Netzkosten auf dem bezogenen Strom befreit? Die Antworten auf diese Fragen werden mitentscheiden, ob die Schweiz im Bereich des grünen Wasserstoff-Schwerverkehrs ein Pionierland bleibt und in welchem Tempo die nächsten Meilensteine auf dem Weg zu einer emissionsarmen Mobilität passiert werden. Die Initianten des Ökosystems «H2 Mobilität» auf jeden Fall leisten ihren Beitrag. Sie haben eine langfristige Optik und legen mit ihrem entschiedenen Handeln trotz der aktuell herausfordernden Situation eine solide Basis für eine emissionsarme Zukunft des Schwerverkehrs.

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