Ein Beitrag von Dr. Éric Gaucher, CEO Lavoisier H2 Geoconsult, www.lavoisierH2.com
Welche Perspektiven können die Schweizer Politik und der Energiesektor realistischerweise für die Nutzung von natürlichem Wasserstoff aus heimischer Produktion in Betracht ziehen? Kann er eine bedeutende Rolle bei der Energieversorgung der Schweiz spielen?
Aufgrund unserer Forschungsarbeit und der Konzepte, die wir bei Lavoisier H2 Geoconsult entwickelt haben, können wir sagen, dass es in der Schweiz Gesteine gibt, die natürlichen Wasserstoff produziert haben und heute produzieren können. Dieser Wasserstoff kann sich unter den salz- oder tonhaltigen Schichten ansammeln, die im Schweizer Untergrund vorkommen. Die Geologie der Schweiz ist also sehr günstig und unsere Entdeckungen von Wasserstoffaustritten in den Kantonen Graubünden und Wallis zeigen, dass ein Potenzial vorhanden ist. Von diesem Wissen zu einer Einschätzung eines wirtschaftlichen Volumens zu gelangen, ist ohne aufwändigere Untersuchungen als die Durchführung unserer Oberflächenmessungen ein illusorisches Vorhaben. Wenn ein landesweites Programm gestartet wird, könnten dadurch günstige Erkundungsgebiete ermittelt werden, um Industrieunternehmen anzuziehen. Diese Betreiber gibt es bereits und meine Firma steht in Verbindung mit einer Genfer Firma und anderen europäischen oder US-amerikanischen Firmen, die nach guten «Interessenten» suchen. Das Programm ExploH2Swiss, das meine Firma zusammen mit der Universität Bern und anderen Beratern aus der Schweiz oder Frankreich aufbaut, zielt darauf ab, Daten zu generieren, mit denen dieses neue Wissen geschaffen werden kann, um das Interesse der Betreiber zu wecken. Wir sind mit dem BFE über dieses Projekt im Gespräch, aber die verfügbaren finanziellen Mittel scheinen sehr gering zu sein. Auch öffentliche Betreiber, Energieunternehmen und Berufsverbände haben sich bereit erklärt, unser Projekt zu bezuschussen. Bisher haben wir 450 000 CHF an Finanzierungszusagen gesammelt, die es uns ermöglichen, das Projekt ab 2025 zu starten. Allerdings ist dieser Betrag noch zu gering, um die gesamte Schweiz abzudecken.
Nach dieser Vorstufe wird die Erfassung seismischer Profile durch industrielle Betreiber dazu dienen, geologische Reservoirs, die Wasserstoff enthalten könnten, zu identifizieren und ihr Volumen abzuschätzen. Anschliessend wird mithilfe von Explorationsbohrungen die potenzielle Produktion aus diesen Reservoirs getestet. Dann wird man wissen, ob es auf dem Schweizer Staatsgebiet wirtschaftliche Reserven gibt. Das ist unsere Hoffnung in diesem Stadium unserer Forschung und wenn man sich ansieht, was in der Welt getan wird, aber wir können die Existenz dieser Volumen nicht beweisen, genauso wenig wie Skeptiker das Gegenteil beweisen können.
Was sind die wichtigsten politischen Herausforderungen, denen sich die Forschung zu natürlichem Wasserstoff gegenübersieht? Gibt es regulatorische Hürden, die die Forschung behindern?
Politische Herausforderungen bestehen darin, dass keine nennenswerten Finanzmittel zur Verfügung stehen. Das US-Energieministerium (USDOE) hat ein 20-Millionen-Dollar-Programm zur Unterstützung dieses Bereichs lanciert. Das Horizon-Programm der Europäischen Union hat gerade eine Ausschreibung über 2 Millionen Euro veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt wird keine öffentliche Schweizer Finanzierung auf Bundesebene (SNF, BFE), z. B. über eine Ausschreibung, zugesagt. Das Schweizer Bergrecht erstreckt sich auf die kantonale Ebene, in einigen Kantonen sogar auf die kommunale Ebene. Es handelt sich um eine historische, aber für die Betreiber komplizierte Struktur. Es sollte einen bundesweiten Anreiz geben, natürlichen Wasserstoff als veräusserbare Georessource anzuerkennen und die Bedingungen für die Erteilung von Explorationslizenzen so weit wie möglich zu harmonisieren, um diese Forschung und Erschliessung durch industrielle Betreiber zu fördern.
Inwieweit halten Sie die im Dezember 2024 vom Bundesrat veröffentlichte Wasserstoffstrategie für geeignet, um die künftigen Herausforderungen zu meistern? Schafft sie die notwendigen Voraussetzungen für die Entstehung eines Wasserstoffsektors in der Schweiz?
Es steht mir nicht zu, die «Wasserstoffstrategie» pauschal zu beurteilen, aber ich stelle fest, dass die Entstehung einer Branche, die grünen Wasserstoff verwendet, überall auf der Welt aufgrund der Produktionskosten schwierig ist. Hier wird der Sinn der Erforschung von natürlichem Wasserstoff, der in der «Wasserstoffstrategie» nicht erwähnt wird, deutlich und würde eine echte Mobilisierung der öffentlichen Akteure verdienen. Wir kennen nämlich unsere Explorations- und Produktionskosten und können nachweisen, dass wir natürlichen Wasserstoff für weniger als einen Franken pro Kilogramm herstellen könnten, d. h. auf derselben wirtschaftlichen Grundlage wie Wasserstoff aus Kohlenwasserstoffen und sicherlich sechs- bis zwölfmal billiger als grünen Wasserstoff.
Gibt es in der Schweiz besonders günstige Bedingungen für die Nutzung von weissem Wasserstoff? Welche Standorte haben Ihrer Meinung nach das grösste Potenzial?
Ja, die Schweiz hat in ihrem Untergrund Gestein, das Wasserstoff produzieren kann. Man kennt sie oberflächlich im Wallis, im Tessin, in Graubünden, also vor allem in den Kantonen im Süden der Schweiz. Seine Gesteine muss man aber in der Tiefe finden, denn in Gegenwart von Wasser ab 180 °C produzieren sie heute Wasserstoff, der sich unter salzhaltigen oder tonhaltigen Formationen ansammeln kann. Meine Recherche über die Schweiz zeigt, dass wir extrem wenig über den Untergrund in über 2500 m Tiefe wissen. Die kürzlich angekündigte nationale Strategie, die darauf abzielt, den Untergrund der Schweiz besser kennenzulernen, geht sicherlich in die richtige Richtung und sollte in Zukunft den Erforschern von natürlichem Wasserstoff helfen.